Ein Neues Jahr, eine neue Suite. Neue Arbeitsabläufe sollen es den Medienschaffenden erleichtern, die ständig wachsenden Anforderungen gemeinsam mit den eigenen Arbeitskolleg(inn)en zu meistern.
Laut einer aktuellen Adobe-Studie haben sich seit dem Pandemiejahr 2020 mehr als 165 Millionen Menschen der sogenannten „Creator Economy“ angeschlossen. Etwa jeder vierte der Umfrageteilnehmer erstellt eigene Inhalte, hauptsächlich im Bereich der Fotografie. Zählen Sie auch mit dazu?
Inhalte der Creator Economy seien der Motor der globalen digitalisierten Wirtschaft, glaubt man jedenfalls bei Adobe.
Teamsport Mediengestaltung
Seit mittlerweile ein paar Jahrzehnten gibt in der Medienproduktion Adobe fast im Alleingang den Ton an. Der Markt- und Technologieführer musste sich im Laufe der Jahre immer wieder neu erfinden.
Der letzte große Paradigmenwechsel, nämlich die „Cloudifizierung“ des Vertriebs von Anwendungen über die Creative Cloud, war auch so ein Wendepunkt. Es hat die Release-Zyklen verkürzt und Adobe ermöglicht, auf die Wünsche der Nutzergemeinde auch schon zwischen zwei großen Programmversionen einzugehen. Seither ist Adobe verstärkt auf der Suche nach neuen innovativen Workflow-Konzepten.
Als eine der wichtigsten aktuellen Herausforderungen sieht Adobe die Notwendigkeit, die Zusammenarbeit von Medienschaffenden an gemeinsamen Projekten zu erleichtern. Auf der Adobe MAX 2022 hat der traditionsreiche Anbieter den Slogan „Kreativität für alle“ zum zentralen Motiv erklärt.
Die Akquisition von Figma ist bisher noch nicht in „trockenen Tüchern“. Denn die Mühlen von Regulierungsbehörden mahlen erfahrungsgemäß sehr langsam. Adobe steht also immer noch vor potenziellen regulatorischen Herausforderungen. Vorbehaltlich der Zustimmung durch die FTC in den Vereinigten Staaten und die Europäische Kommission in der EU dürfen sich Adobe-Benutzer bald auf eine frische Brise ungebannter Innovationen freuen. Das kleine, gut aufeinander eingespielte Entwicklungsteam von Figma hat sich für die fantasievollen Features ihrer Software nicht umsonst einen Namen gemacht.
„Figma“ ist eine Anspielung auf das englische Wort „figment“, der den festen Ausdruck „a figment of one’s imagination“ (ein Produkt der eigenen Vorstellung) in Erinnerung ruft. Die transformativen Arbeitstechniken, die Figma entwickelt hat, machen ihrem Namen alle Ehre.
Immer mehr Inhalte entstehen in verteilten Teams. „Kreativität ist heute ein Teamsport,“ sagt Scott Belsky, Chief Product Officer und Executive Vice President, Creative Cloud bei Adobe.
Für diesen „Teamsport“ werden ganz andere Tools benötigt als jene, die vollkommen ausreichen, wenn man sich gegenseitig über die Schultern schauen kann. Denn um ein erfolgreiches Projekt termingerecht abzuliefern, müsse ein Team „alles miteinander teilen – von der kreativen Inspiration über die Assets bis hin zum Feedback“.
Die Neuerungen der Edition 2023 der Adobe Creative Cloud und der Adobe Document Cloud seien eben darauf ausgelegt, „eine nahtlose Zusammenarbeit“ in jeder Phase des schöpferischen Prozesses zu unterstützen.
Adobe Document Cloud – klein, aber fein
Adobes Document Cloud mag die kleinste Cloud in Adobes Portfolio sein, aber sie ist vermeintlich die wichtigste. Sie bildet nämlich die tragende Säule aller anderen Technologielösungen. Ihr Herzstück ist die PDF-Technologie mit Adobe Acrobat und Adobe Sign. Adobes Document Cloud fungiert als Bindeglied für Anwendungen und Technologielösungen der beiden anderen Clouds von Adobe: Creative und Experience (zuvor Adobe Marketing Cloud).
Die PDF-Technologie der Adobe Document Cloud ist ein integraler Bestandteil von Adobes umfassenderer Wachstumsstrategie. Sie ermöglicht ja die Zusammenarbeit der vielen Anwendungen miteinander.
„Die Nachfrage nach PDFs war noch nie so groß wie heute“, sagte David Wadhwani, Präsident für digitale Medien bei Adobe, auf dem Finanzanalystentag des Unternehmens Anfang Oktober 2022.
Generative Künstliche Intelligenz: Fluch oder Segen?
Die Generation 2023 der Creative Cloud umfasst sowohl eine Vielzahl neuer Funktionen als auch Weiterentwicklungen in der gesamten Suite. In den kommenden Versionen will Adobe die KI-Engine Sensei noch stärker in den gestalterischen Prozess einbeziehen und vermutlich die eine oder andere Innovation aus der Figma-Übernahme mit einfließen lassen.
Die nächste Generation von Adobe Sensei will sich als kreativer Assistent – ein Co-Pilot – einbringen.
In Photoshop schlägt die KI neue Ebenen und Szenen vor, um eine Bildkomposition zu vervollständigen. In Lightroom hilft sie dabei, eine Szene von Tag auf Nacht umzustellen, die Jahreszeit zu wechseln, Schatten zu ändern, Landschaftsfotos zu erweitern und vieles andere mehr. Doch nicht alle Benutzer sind davon angetan. In vielen weckt der Gedanke ein gewisses Unbehagen.
Adobes Pläne für generative KI haben vor allem unter Fotografen eine heftige Kontroverse ausgelöst. Künftige Photoshop-Editionen sollen mit generativer KI ganze Bildkompositionen anhand von verbalen Aufforderungen und anderen Eingabequellen erzeugen, zum Beispiel so: „Eine Wildkatze am Lenkrad eines roten Oldtimers raucht eine Zigarre“. So ungefähr stellt sich Adobe die künftigen Möglichkeiten vor.
Der allgemeine Tenor unter den Nutzern als Reaktion auf die Ankündigung war eher verhalten. Adobes Vision wirft aus Sicht vieler Nutzer grundsätzliche Fragen auf, nicht zuletzt auch in Bezug auf das Urheberrecht der neuen Werke und die ganze Problematik der (Nicht-)Vergütung jener Medienschaffenden, an deren digitalem Ausgangsmaterial die KI ihr „Handwerk“ üben darf. Adobe steht offenbar noch viel Denk- und Öffentlichkeitsarbeit bevor.
In der Zwischenzeit konnte die KI-Engine Sensei ihre Expertise in den neuen neuronalen Filtern einbringen. Zu den interessantesten Neuzugängen zählen „Landschaftsmischer“, „Farbübertragung“ und „Harmonisierung“.
Ein neuer neuronaler Filter namens „Bildwiederherstellung“ verhilft alten Fotos durch die sogenannte Fotorestauration zum neuen Glanz. Der Filter entfernt Alterungserscheinungen wie Knicke, Staub, Kratzer und ähnliche Macken.
3D mit mehr Substanz
Adobe baut außerdem das Portfolio der Substance-3D-Familie a.k.a. Substance 3D Collection aktiv weiter aus. Photoshop erhielt in der aktuellen Version ein Plug-In zum Zugriff auf fotorealistische Substance-Materialien, die zuvor den nativen 3D-Anwendungen vorbehalten waren.
Substance 3D versteht sich als ein Ökosystem von Anwendungen rund um das Design von 3D-Objekten und -Szenen, welches die Creative Cloud ergänzen soll (es ist nicht Teil des Lieferumfangs der Creative Cloud). Substance 3D-Materialien in Photoshop und Illustrator sollen den Mediengestaltern zu einem höheren schöpferischen Leistungsvermögen verhelfen. Substance-Materialien lassen sich nämlich parametergesteuert editieren, sowohl in Bezug auf ihre Oberflächeneigenschaften als auch auf das Zusammenspiel mit Lichtquellen und anderen Materialien.
Viele dieser intelligenten Materialien-Vorlagen sind in Illustrator und Photoshop bereits enthalten, weitere „Substanzen“ und Modelle sind im Rahmen der Substance 3D Collection erhältlich (zum Beispiel als Substance 3D Assets).
Die aktuelle Iteration der Creative Suite hat noch viele andere Verbesserungen spendiert bekommen. Adobe hat zum Beispiel die Möglichkeiten der Zusammenarbeit im Webbrowser aufpoliert. Die Funktionen „Zur Bearbeitung einladen“ und „Zur Überprüfung freigeben“ sind jetzt für alle Anwendungen verfügbar.
Mit der neuen Funktion zum inhaltsbezogenen Entfernen von Bildelementen in Lightroom können Mediengestalter unerwünschte Bildelemente entfernen, ohne erst Photoshop bemühen zu müssen.
Die automatische Formatierung in InDesign erlaubt es den Nutzern, Inhalte in eine Vorlage einzufügen und zu beobachten, wie sich Layoutseiten aus unformatierten Wörtern in ansprechende Designs von selbst verwandeln.
Mit „Intertwine“ in Illustrator CC 2023 können Mediengestalter Vektorgrafiken in Sekundenschnelle ineinander verflechten, indem sie die Reihenfolge der Elemente stellenweise neu anordnen, ohne die Arbeit wiederholen zu müssen.
Unterm Strich
Man darf gespannt sein, was das neue Jahr an neuen Überraschungen so bringen wird. Hoffentlich werden es gute sein.